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"Ein Magazin zu machen ist immer eine Mischung aus Planung und Improvisation" - Literaturmagazine in den Niederlanden

Von Hannah Zirkler

 

Wie es das Zitat schon andeutet: Ein Magazin zu machen ist nicht immer einfach, fordert viel Leidenschaft und Zeit und erwirtschaftet oft kaum die Honorare und Druckkosten einer Ausgabe. Und dennoch finden sich immer wieder tolle Magazine, die es wert sind, gelesen zu werden. So auch in den Niederlanden. Hier entstehen mit viel Leidenschaft und Herzblut Literaturmagazine mit kleinen Redaktionsteams, in Hinterzimmern und in den dunklen Abendstunden.

Das Magazin haben wir schon in einem gesonderten Artikel vorgestellt - hier ein Überblick über die anderen schönen Literaturmagazine in den Niederlanden:

 

De Gids

De Gids existiert bereits seit 1837 und ist somit das älteste Literaturmagazin der Niederlande. Zu Beginn lag der Fokus des Hefts noch stark auf einer Kombination aus Naturwissenschaften und Literatur und hatte den Anspruch, dem Leser beide Bereiche im Dialog näher zu bringen. Nachdem vor einigen Jahren staatliche Subventionen für Literaturmagazine stark gekürzt wurden, arbeitet das Magazin mit der Zeitung De Groene Amsterdammer zusammen. Da die Themen von Zeitung und Magazin zu stark überlappten, beschloss die Redaktion De Gids noch literarischer zu machen.

Edzard Mik ist seit Oktober 2015 Editor in Chief von De Gids und war vorher lange Jahre als Autor für das Magazin tätig. Er will nun die Qualität des Magazins noch weiter heben.

Für jede der sechs Ausgaben im Jahr wird ein Thema gewählt, für das passende Beiträge in Form von Kurzgeschichten, literarischen Essays und Gedichten gesucht werden; sie füllen dann etwas mehr als die Hälfte des Heftes. Thema der aktuellen Ausgabe ist „Grenzland Deutschland“, Thema der folgenden Ausgabe wird „Führerschaft“ sein. Der restliche Teil des Magazins besteht aus ausgewählten Beiträgen, die die Redaktion für besonders lesenswert und hochwertig hält. Dies können unaufgeforderte eingesendete Beiträge unbekannter Autoren sein, oder auch mit der Redaktion und ausgewählten Autoren gemeinsam konzipierte Texte.

Edzard arbeitet nur zwei Tage in der Woche für das Magazin, nebenbei arbeitet er noch als Dozent an einer Universität und schreibt Romane. Er macht deutlich, dass ein Literaturmagazin zeitaufwendig ist, es sei auch immer eine Mischung aus Planung und Improvisation. Edzard vergleicht die Leitung eines Magazins mit Leistungssport, „man muss sich jedes noch so kleinen Details und jeder Entscheidung bewusst sein, die die Qualität heben oder auch mindern kann.“

Durch die Zusammenarbeit mit De Groene Amsterdammer liegt die Auflage des Magazins derzeit bei 20.000, da jede neue Ausgabe der Zeitung beiliegt. Darin sieht nicht nur die Zeitung einen Mehrwert, auch De Gids konnte seine Reichweite und Leserschaft noch weiter vergrößern.

Neben dem Magazin steckt die Redaktion viel Pflege in ihre Webseite und veranstaltet Lesungen von Romanen, Gedichten und Kurzgeschichten und ein Event zum Erscheinen fast jeder neuen Ausgabe. So will sie ihren Lesern einen weiteren Raum geben, sich auszutauschen und zu informieren.

 

Tirade

Tirade wurde 1957 von einer Gruppe Autoren des Verlags Van Oorschot gegründet und erschien damals monatlich. Eine Ausgabe besteht bis heute aus Essays, Kurzgeschichten und Gedichten und Illustrationen. Den starken politischen Bezug hat das Heft allerdings verloren, inzwischen konzentrieren sich die Herausgeber hauptsächlich auf Literatur. Fünf Ausgaben erscheinen seit einigen Jahren jährlich, wobei sich ein Heft pro Jahr einem bestimmten Thema widmet. Dies wird von den Herausgebern frei gewählt, mal bietet sich ein aktuelles Thema an, mal werden Autoren gebeten, zu einem großen Autor etwas Persönliches zu schreiben. Die Autorenschaft ist international, worauf großen Wert gelegt wird, denn das Heft soll ein qualitativer Mix aus Textsorten und Menschen darstellen. Herausgeber ist eine Gruppe von freien Autoren und Marko van der Wal, Lektor von Van Oorschot. Sie entscheiden gemeinsam, was in das Heft kommt. Marko koordiniert die Ausgaben, während die anderen sich auf die Suche nach passenden Autoren machen. „Wir sind wie ein Oktopus mit vielen Armen, der in den unterschiedlichsten Bereichen nach neuen Beiträgen sucht“, so Marko. Einige der Beiträge sind auch von noch unbekannten Autoren, die ihre Texte an die Redaktion gesendet haben. Das Magazin soll auch ihnen eine Möglichkeit geben, gelesen zu werden.

Unterstützt wird das Heft vom Verleger Van Oorschots, was dem Team viele Freiheiten und zugleich Sicherheit gibt. Für den Verleger ist Tirade die perfekte Möglichkeit, neue Talente zu entdecken und zu zeigen, was sich gerade in der Literatur bewegt.

Auch medial ist das Magazin sehr aktiv. Auf Facebook und der Webseite bekommen die Leser regelmäßig hochwertige neue Texte und Informationen zu den aktuellen Ausgaben.

Die Auflage einer Ausgabe bewegt sich zwischen 500 und 600 Heften und kann im Webshop des Magazins, im Abo und in ausgewählten Buchhandlungen in den Niederlanden gekauft werden. Ein Heft kostet 12,50 Euro. Marko ist besonders die Kombination aus schönen Illustrationen und Texten wichtig, sie mache Tirade zu etwas Besonderem.

 

Awater

Awater ist das einzige Literaturmagazin in den Niederlanden, das sich ausschließlich auf Gedichte konzentriert, besser gesagt, auf die Besprechung von Gedichten. Das Magazin versucht, ein breiteres Publikum anzusprechen und sich nicht nur auf den eher kleinen Kreis aus Experten und Lyrikliebhabern zu beschränken.

„Awater will diejenigen ansprechen und informieren, die jeden Tag einen Gedichtband lesen, aber auch die, die nur einen pro Jahr in die Hand nehmen“, so Merijn Schipper, der Chefredakteur des Magazins. Neben dem Magazin arbeitet er in einer Buchhandlung in Utrecht und schreibt selbst. Drei Ausgaben erscheinen jährlich und die rund 800 Abonnenten erhalten zu jeder Ausgabe einen von der Redaktion ausgewählten aktuellen und hochwertigen Gedichtband. Eine Ausgabe des Magazins kostet 7,95 Euro und kann im Abo oder im Buchhandel erworben werden.

Awater wurde vor 15 Jahren vom niederländischen Dichter Gerrit Komrij gegründet.“Er sah, dass es eine Gruppe von Leuten gab, die gerne Gedichte lesen und die auch über Gedichte und die Menschen, die sie schreiben, lesen wollen. Und auch, dass diese Gruppe erweiterbar war und ein solches Magazin braucht.“ Mittlerweile besteht die Redaktion aus fünf festen Mitgliedern, die gemeinsam mit rund 20 Literaturkritikern, Essayisten, Kolumnisten, Fotographen und einigen anderen versuchen, Gedichte wieder mehr in den Fokus der Gesellschaft zu rücken.

Gerade versucht das Team außerdem, ihre Webseite bekannter und hochwertiger zu gestalten und „andere digitale Wege zu möglichen Lesern zu finden“.

Das Magazin ist Teil des Poëzieclubs, ein Club für Gedichtliebhaber, der auch in den „Turing Gedichtenwedstrijd“, dem größten Dichtwettbewerb der Niederlande und Flanderns involviert ist. Das Magazin vergibt bei diesem Wettbewerb auch einen eigenen Preis, den Awater Poëzieprijs, für den besten Gedichtband des Jahres.

Das Magazin ist unabhängig, denn, so Merijn, „Literaturkritik soll informieren und den Lesern Rat geben, und sie kann nur ernstgenommen werden, wenn sie unabhängig ist.“

 

Terras

Terras ist ein Magazin für experimentelle Literatur und erscheint seit 2008 zweimal jährlich in einer Auflage von 800 Heften. Der Name des Magazins ist ein Anagramm von Raster, dem Namen eines literarischen Magazins aus den 70er Jahren mit über 100 Ausgaben, wovon Terras inspiriert wurde.

Die Gründer, eine Gruppe aus Dichtern, die schon an den letzten Ausgaben von Raster beteiligt waren, wollten an die Idee des Magazins anknüpfen und, nachdem Raster eingestellt worden war, eine neue Zeitschrift auf der Basis von experimentellen Texten herausbringen. Jedes Heft widmet sich einem bestimmten Thema, welches aus Essays, Kurzgeschichten und Gedichten verschiedener Autoren aus den Niederlanden und der ganzen Welt besteht. Themen waren unter anderem Berlin, Brüssel, Neuland und Geräte, zu denen dann passende Beiträge gesammelt wurden. Viele Mitglieder der Redaktion sind Übersetzer, die in ihrem jeweiligen Land mit jungen Autoren zusammenarbeiten und ihre Texte für die Hefte übersetzen.

Finanziell unterstützt wird Terras durch staatliche Subventionen. Die Webseite des Magazins wird besonders gepflegt. Dort gibt es viele Audiobeiträge und Terras TV, bei dem die Übersetzer persönlich ihre Texte vorlesen.

Für jede Ausgabe gibt es eine Releaseparty, bei der die jeweiligen Übersetzer Beiträge vortragen. Bald will das Team um Miek Zwamborn auch eine Lesereihe ins Leben rufen. Die rund 200 Abonnenten, die meisten aus Amsterdam, beliefert die Redaktion mit dem Fahrrad; sie bekommen zu jedem Heft ein kleines Extraheft, wie beispielsweise ein aufwendig gestaltetes Kunstheftchen oder einen kleinen Gedichtband.


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