Von Nele Deutschmann
Ankunft in Italien. Für zwei Wochen besuchen wir Mailand, um die italienische Buchwelt kennenzulernen. Aber wo anfangen? Beim AIE - dem Verband der italienischen Verleger*innen!
Der Verband hat uns eingeladen, um uns einen Überblick über den italienischen Buchmarkt zu verschaffen. Zu sechst empfangen sie uns, präpariert mit Zahlen, Fakten, Broschüren - und Gebäck. Wir fühlen uns bestens aufgehoben. Aber eins nach dem anderen:
AIE - Associazione Italiana Editori: Was ist das eigentlich?
Die AIE wurde 1869 gegründet und ist der älteste italienische Berufsverband. Er vertritt die italienischen Verleger*innen von Büchern, wissenschaftlichen Zeitschriften und digitalen Inhalten - sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Neben den Verlagen sind zudem auch die Buchhandlungen und Drucker vertreten. Der Verband ist die wichtigste Datenquelle für die Lesegewohnheiten, den Verlagsmarkt sowie den Kultur- und Bildungskonsum in Italien. Dabei machen die von der AIE vertretenen Verlage über 90 Prozent des italienischen Buchmarkts aus.
Die AIE ist in vier Verlagsgruppen unterteilt: Fachverlage, Kleinverlage, Bildungsverlage, akademische und professionelle Verlage. Der Verband nimmt an diversen Ausschüssen und Arbeitsgruppen teil, die von den italienischen Institutionen eingerichtet wurden, um das Buchverlagswesen zu fördern, Bücher und das Lesen zu unterstützen, das Urheberrecht zu schützen und Innovationen und professionelles Wachstum auf dem Verlagsmarkt zu fördern.
Der italienische Buchmarkt in Zahlen
In Italien existieren mehr als 5.000 Verlage und über 3.000 Buchhandlungen. Was trotzdem überrascht: Die italienischen Verlage setzen mehr als drei Milliarden Euro (3.388 Millionen) um und haben somit einen höheren Umsatz als das Bezahlfernsehen (2.941 Millionen), als das frei empfangbare Fernsehen (1.725) und als Videospiele (1.721).
Im europäischen Vergleich steht das italienische Verlagswesen an vierter Stelle, was den Wert der Verkäufe auf dem heimischen Markt angeht (3.338 Millionen) - hinter Deutschland (9.444 Millionen), dem Vereinigten Königreich (5.327 Millionen) und Frankreich (5.094 Millionen).
Ein Booster: Der italienische Buchmarkt und die Corona-Pandemie
Die Italiener*innen kaufen tatsächlich mehr Bücher als noch vor der Corona-Pandemie. Die Branche hat mit 3.388 Millionen Euro im Jahr 2022 fast 300 Millionen mehr als im Jahr 2019, dem letzten Jahr vor der Pandemie, erwirtschaftet. Die Zahlen der ersten neun Monate des Jahres 2023 für Belletristik und Sachbücher, die im Buchhandel, online und im Einzelhandel verkauft werden, bestätigen den Trend. Und die Branche hat auf dieses Wachstum natürlich mit einem immer breiteren und differenzierteren Angebot an Titeln reagiert. Italiens Buchwelt wächst - viva il libro!
DIE AIE und Italien als Gastland der Frankfurter Buchmesse 2024
Die AIE nimmt an den Buchmessen in Italien und weltweit teil, wobei der Verband die Gemeinschaftsstände organisiert. In Italien selbst organisiert die AIE die Più libri più liberi und ist Mitglied des Organisationskomitees der BookCity Milano. Auf internationaler Ebene arbeitet die AIE mit den italienischen Institutionen zusammen, um die Teilnahme der Verleger*innen an den wichtigsten Messen im Ausland zu gewährleisten. In diesem Jahr organisiert sie die Präsenz Italiens als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2024. Von der Teilnahme als Gastland verspricht sich die italienische Buchbranche viel - vor allem in Sachen Verkauf von Lizenzen. So kaufte Italien im Jahr 2022 die Übersetzungsrechte von 9.432 Titeln aus dem Ausland und verkaufte 7.889 Übersetzungsrechte an italienischen Werken. (Im Jahr 2010 gab es zum Vergleich 9.009 Ankäufe und 4.217 Verkäufe.) Der Verkauf dürfte sich im Anschluss an die Buchmesse 2024 nochmal steigern.
Von den Zahlen zur Praxis
Hui da schwirrt uns der Kopf. Die ganzen Zahlen mussten wir erst einmal sacken lassen - und zwar bei bester italienische Pizza! Danke IAE für diesen umfassenden Überblick. In den kommenden Tagen werden wir uns nun mit einzelnen Beispielen befassen und (Kinderbuch-)Verlage sowie andere Schaffende der Buchlandschaft treffen.
Kommentar schreiben