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»Das Ziel ist vor allem größere internationale Sichtbarkeit« - Katja Stergar, Leiterin des Ehrengastauftritts Slowenien

 

von Daniel Beskos

 

Katja Stergar leitet seit einem knappen Jahr die Slowenische Buchagentur JAK, die auch für den Gastlandauftritt auf der Frankfurter Buchmesse zuständig ist. Mit ihr haben wir über ihre Arbeit, die Herausforderungen eines Ehrengastauftritts und die Literaturförderung in Slowenien gesprochen.

 

 

Katja Stergar (Foto: Holger Menzel / JAK)
Katja Stergar (Foto: Holger Menzel / JAK)

 

Liebe Katja Stergar, wie geht’s dir denn gerade?

Es läuft gut, aber es ist natürlich sehr viel Arbeit. Und wir haben eigentlich nicht genug Leute für alles. Ich bin erst seit 1.11.2022 Direktorin der Agentur, vorher war ich Leiterin für Internationale Kooperation hier. Die vorherigen Zuständigen hier hatten leider recht wenig Erfahrung, waren bisher kaum in Frankfurt oder haben auch nicht bei Verlagen gearbeitet, daher sind wir jetzt etwas spät, aber wir holen gut auf. Ich habe in der Agentur nur sechs Mitarbeiter*innen, aber einige davon sind zum Glück sehr erfahren und wir arbeiten hervorragend zusammen, auch mit Programmberaterin Amalija Maček und Kurator Mihael Kovač, die ihr ja schon kennengelernt habt. Und drei von uns bei der Agentur heißen Katja, das ergibt manchmal lustige Verwirrungen, haha. Auch danke des deutschen Kurators Matthias Göritz und des Leiter unseres Frankfurter Büros, Urban Šrimpf, läuft das Projekt sehr gut.
Aktuell habe ich viel zu tun mit dem Bau des Slowenischen Pavillions. Das ist leider sehr kleinteilig und bürokratisch – eigentlich mag ich Bürokratie ja nicht, ich arbeite lieber mit Büchern und mit Inhalten.
Bei den Vorbereitungen sind die Details sehr wichtig, weil viele von ihnen auch politisch sind – etwa muss man bei Pressemeldungen darauf achten, dass bestimmte Begriffe in ihrer slowenischen Form erscheinen und auf keinen Fall in der – international vielleicht bekannteren – italienischen oder deutschen Form. Da muss ich auch immer mit draufschauen.

 

Und was ist eure Hauptbaustelle momentan?

Haha, fast alles. Das Programm etwa ist fast fertig, aber es fehlen eben noch viele Kleinigkeiten. Die ganzen Infos müssen jetzt noch in eine druckbare Form gebracht werden. Dazu die Technik für die diversen Bühnen und so weiter, die ganze Logistik mit den Flugtickets.

 

Wieviele Menschen reisen denn aus Slowenien zur Buchmesse an?

72 Autor*innen sind im Programm, einige davon haben noch Begleitung, dazu noch mehr als 180 Menschen, die auch Teil des Programms sind, aber nicht als Autor*innen, sondern für Moderation, als Exptert*innen usw.

 

Und was habt ihr im Programm alles geplant?

Haha, zu viel (lacht). Ich bin in meiner Freizeit ja Spezialistin für Kinderliteratur. Deswegen freue ich mich besonders, dass wir neben dem slowenischen Nationalstand eine Ausstellung mit mehr als 60 Illustrator*innen haben werden, nicht nur für Kinderbücher, auch für Erwachsene. Aber nicht nur dort, sondern auch im Struwwelpetermuseum in Frankfurt. Dort werden dann Illustrator*innen gezeigt, von denen dieses Jahr Bücher auf Deutsch erscheinen. Und wir haben einige Veranstaltungen in Schulen und Bibliotheken, diese direkte Kommunikation mit den Kindern finde ich sehr wichtig, weil ja nicht alle von denen zur Buchmesse kommen. Von den 72 Autor*innen, die nach Frankfurt reisen, schreiben ein Drittel Kinderbücher oder zumindest schreiben sie auch Kinder- und Jugendliteratur. Das ist in Slowenien sehr häufig so.

Außerdem sprechen ja alle über Poesie aus Slowenien. Die Lyrik hier ist wirklich stark. Zur Anthologie „Mein Nachbar auf der Wolke“ (Hanser Verlag), haben wir eine Veranstaltung im Pavillon, aber auch einen Abend im Mousonturm mit Musik; gerade die Kombination von Lyrik und Musik finde ich besonders gut.

Auch im Vorfeld der Messe gibt es am 7. Oktober in der Alten Oper schon eine Veranstaltung, bei der das Ensemble Moderne Stücke von 4 slowenischen Komponisten spielt, die auf slowenischer Poesie basieren. Das gleiche Konzert wird zuvor auch in Bamberg, Maribor und Ljubljana aufgeführt.

Im Archäologischen Museum gibt es die Ausstellung „Tweets from the past“, eine Zusammenarbeit von 13 slowenischen Museen, die fast ein halbes Jahr zu sehen ist. Dort finden auch Workshops für Kinder, Musikprogramm usw. statt.

Im Portikus in Frankfurt haben wir eine Ausstellung mit slowenischen Kunstbüchern.

Mir ist es zudem wichtig, dass die slowenischen Minderheiten, die es etwa in Österreich oder Italien gibt, auch Teil des Programms sind – so etwa Maja Haderlap, Florjan Lipuš und Dušan Jelinčič.

Dann haben wir noch Beiträge zum Deep Reading, da wird am 10. Oktober ein Beitrag „Why book reading matters“ in der FAZ erscheinen und wir werden einige Veranstaltungen dazu haben, warum es wichtig ist, Bücher zu lesen - also nicht nur zu lesen, sondern wirklich längere Texte zu lesen. Dazu wird es auch eine philosophische Diskussion im Adorno-Saal der Goethe-Uni Frankfurt stattfinden, das wird ein echtes Highlight, mit Slavoj Žižek, Mladen Dolar und Alenka Zupančič, drei der wichtigsten slowenischen Philosoph*innen.

 

Glaubst du, dass der Ehrengastauftritt in Frankfurt die Buchwelt in Slowenien verändern kann?

Das Ziel ist vor allem größere internationale Sichtbarkeit. Also dass die Rechte von slowenischen Autor*innen vermehrt in andere Länder verkauft werden. Aktuell liegt der Umsatz für solche Rechtverkäufe vielleicht bei 300.000 Euro im Jahr, und das Ziel wäre eher ca. 1 Million Euro. Sowas kann dann die Situation der Autor*innen hier grundlegend verändern – denn von den kleinen Auflagen, die hier in Slowenien verkauft werden können, wo 1.000 Exemplare schon sehr gut sind, können die Autor*innen nicht leben. Daher kann der Vorschuss für eine Übersetzungslizenz schon mal höher sein als für das Original. Und vielleicht kommen übersetzte Autor*innen dann auch hierzulande bei größeren Verlagen unter, die mehr für sie tun können und bei denen sie auch mehr Geld bekommen.

 

Aber im Vorfeld des Gastlandauftritts ist da ja sicher schon mehr passiert als sonst, oder?

Ja, aber wir haben auch sehr viel investiert – in Übersetzungs-, Druck- und Marketingkosten für Bücher, auch in Reisekosten, zudem haben wir seit 2016 mehr als zehn Studienreisen für Journalist*innen und Verlage organisiert.

 

Wann wurde entschieden, dass Slowenien Gastland in Frankfurt wird?

Ich glaube 2018. Zuerst sollte das ja 2022 sein, dann wurde es u.a. wegen der Pandemie auf 2023 verschoben.

 

Neben dem Frankfurt-Auftritt unterstützt die JAK-Agentur ja auch hier im Land viele Buchprojekte, oder?

Ja, genau. Wir sind die einzige staatliche Institution für Bücher. Pro Jahr fördern wir u.a. 300 Bücher von Verlagen, dazu auch Magazine, Festivals und Leseförderungs-Projekte und internationale Projekte. Es gibt neben der Förderung einzelner Bücher auch ein mehrjähriges Förderprogramm für Verlage, aktuell sind das ca. 15 Verlage, von denen der größte aktuell 25 oder 26 Bücher cofinanziert bekommt, also Druckkosten, Honorare, Marketing usw.

 

Bekommen da alle Verlage die gleiche Summe?

Nein, weil die Buchprojekte unterschiedlich teuer sind. Daher variiert das sehr.

Daneben haben wir auch kleinere Programme für kleinere Verlage, wo man einzelne Buchprojekte fördern lassen kann. Dann auch noch eines für Kinderbücher und Comics, eines für Magazine, und eines für große, mehrjährige Projekte, die besonders aufwendig sind.

 

Was ist denn euer Gesamtbudget für alle diese Förderungen?

Insgesamt etwa 6,5 Millionen Euro.

 

Wow, wenn man das auf Deutschland umrechnen würde, wären das ja 240 Millionen! Soviel gibt’s bei uns nicht.

Ja, ich weiß. Aber in Slowenien könnten viele Buchprojekte und Verlage ohne diese Förderung auch nicht überleben, weil man nur so wenige Bücher verkaufen kann, auch wegen des starken Bibliothekssystems. Es gibt zwar ca. 5.000 neue Bücher pro Jahr in Slowenien, aber einige davon haben eben nur eine Auflage von 200 Stück oder so. Wenn ein Buch 10.000 Stück verkauft, ist das schon ein absoluter Ausnahmebestseller.

 

Seit wann gibt es eigentlich dieses umfangreiche Förderprogramm?

Früher lag diese Förderung beim Kulturministerium, war aber nur passiv, also es wurde einfach auf Anträge reagiert. Seit 2009 liegt diese Zuständigkeit bei uns als Buchagentur, hat sich seitdem auch sehr diversifiziert und wir können auch pro-aktiv agieren, etwa Nationalstände auf internationalen Buchmessen organisieren, oder wir initiieren Übersetzerworkshops oder vergeben Residenzstipendien für Übersetzer. Wir können da wirklich jetzt viel mehr selbst machen, das finde ich sehr wichtig. Besonders auf internationaler Ebene hat das viel geändert.

 

Danke für das aufschlussreiche Gespräch, liebe Katja! Wir freuen uns schon sehr auf euren Buchmessenauftritt! 


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