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Illustratorin Maja Kastelic: »Was du als Kind siehst, ist das, was deine Fantasie für immer prägt«

von Nefeli Kavouras 

 

Ich treffe die Illustratorin Maja Kastelic inmitten von Ljubljana, am berühmten Prešerenplatz, benannt nach dem Dichter France Prešeren. Eine kleine Besonderheit am Platz: es gibt einen kleinen runden Kreis, an dem es magischerweise regnet. Na gut, wenn man genau hinschaut, ist es doch keine Magie, aber es ist ein wenig wie in einem Kinderbuch, in dem alles möglich ist und ein Baustellenschild sagt: »The area with Ljubljana's own weather« und ich denke mir: dieses Land ist so lyrisch. 

 

Maja Kastelic führt mich zu einem Café in der Nähe. Sie wohnt außerhalb von Ljubljana, ist aber noch oft in der Stadt. Sie hat Malerei, Philosophie und Visuelle Kunsttheorie studiert. Danach ist sie allerdings nicht direkt Illustratorin geworden. »Obwohl ich von Kind an Bücher geliebt habe und immer fasziniert von Illustrationen war, hatte ich zu viel Respekt vor der Buchwelt«, erzählt sie mir. Sie arbeitet zunächst einige Jahre als Restaurateurin von Fresken, mit dem Traum vom Illustrieren im Hinterkopf. 

 

 

 Maja Kastelic im Center of Illlustration
Maja Kastelic im Center of Illlustration

Vor etwa zehn Jahren traute sie sich dann doch ans Illustrieren, schickte ihre Illustrationen an die »Ljubljana Biennale of Illustration« und wurde prompt ausgezeichnet. »Alles schien mir wie ein Traum, ich hatte direkt danach ein Treffen mit Mladinska knjiga, dem größten Verlag in Slowenien, und so öffnete sich eine Tür nach der anderen. Es gab keine größeren äußeren Hürden, nur die in mir selbst.« Später am Tag werde ich zwei Lektor*innen von Mladinska knjiga treffen, Alenka Veler und Andrej Ilc, die mir beide erzählen werden, dass sich ihrer Meinung nach Maja Kastelic aktuell zu einer der besten Illustratorinnen des Landes entwickelt.

 

2015 erscheint ihr erstes Buch, Deček in Hiša (Ein Junge und ein Haus), ein sogenanntes silent book (also illustrierte Bilderbücher ohne Text), wofür sie direkt mehrfach Preise bekommt. Überhaupt sind in Slowenien silent books recht beliebt. »Ich finde, das sind irgendwie auch Spielbücher, also Kinder erlernen da einen spielerischen Ansatz, um eine Geschichte zu verstehen.« 

Maja illustriert weitere Kinderbücher, die auch in deutscher Sprache bei NordSüd erscheinen: »Hans Christian Andersen: Die Reise seines Lebens«, »Adam und seine Tuba« und zuletzt »Anton und der Gargoyle«. Ihre Bücher wurden mittlerweile bereits in 20 Sprachen übersetzt. Nach einem Jahr Elternzeit arbeitet sie nun schon wieder am nächsten Kinderbuch: »Ich habe in dem Jahr noch nicht einmal Skizzen geschafft.«

 

Die Inspiration für ihre Illustrationen bekommt Maja Kastelic auch von ihren Kindern: »Es macht viel mit mir, wenn ich Kinder beobachte und mich daran zurückerinnere, wie diese Kinderperspektive funktioniert, wenn du klein bist und um dich herum alles groß erscheint. Mich interessiert es sehr, wie Kinder Räume wahrnehmen, das versuche ich in meinen Illustrationen dann umzusetzen« Aber auch das, was sie selbst als Kind gesehen hat, dient ihr bis heute als Inspirationsquelle: »Was du als Kind siehst, ist das, was deine Fantasie für immer prägt«, erzählt sie mir.  

 

Ausstellung slowenischer Illustrator*innen im Center of Illustration
Ausstellung slowenischer Illustrator*innen im Center of Illustration

Slowenien hat eine lange Kinderbuchtradition, der Illustrationsstil wurde in den 1970er Jahren vor allem von Frauen geprägt. Illustratorinnen wie Marlenka StupicaAnčka Gošnik Godec oder auch Marjanca Jemec Božič waren diejenigen, die den Kinderbuchmarkt maßgeblich mit ihren Bildern bestimmt haben. Generell fällt dabei eine klare Farbpalette in den Zeichnungen auf. Vieles bewegt sich zwischen grün und braun, also eher Naturfarben. »Wir sind ja hier auch alle sehr naturverbunden, in Slowenien gibt es wenige Städte und gerade die Natur, das Ländliche ist das, was unsere Illustrationen auszeichnet«, sagt Maja Kastelic. 

 

Sie führt mich später ins Center of Illustration in der Innenstadt Ljubljanas, das sich zur Aufgabe gemacht hat, online wie auch digital slowenische Illustrator*innen zu präsentieren und miteinander zu verknüpfen. Dort finden Veranstaltungen und Ausstellungen statt. Und wenn man es genau nimmt, ist das Center of Illustration sogar die kleinste Buchhandlung der Stadt, denn sie verkaufen einzelne Bücher slowenischer Illustrator*innen. 

 

(Bilder von Maja Kastelic aus ihren Büchern. Quelle: www.majakastelic.blogspot.com

 

Maja Kastelic in der Buchhandlung »Lutkovno gledališče« mit ihrem Buch
Maja Kastelic in der Buchhandlung »Lutkovno gledališče« mit ihrem Buch

Das wäre überhaupt ein Wunsch von Maja Kastelic, dass es mehr Buchhandlungen gäbe, die nur auf Kinderbücher spezialisiert sind. Eine solche Buchhandlung gibt es in Ljubljana, »Lutkovno gledališče«, aber sie scheint die einzige im ganzen Land zu sein und ist an das Puppentheater angeschlossen. 

 

Der Kinderbuchmarkt in Slowenien ist verhältnismäßig groß. Auch wenn viele Menschen ihre Bücher lieber in Bibliotheken ausleihen anstatt sie zu kaufen, geben sie doch noch recht gern Geld für Kinderbücher aus. So macht zum Beispiel im Verlag Mladinska knjiga der Kinderbuchsektor etwa die Hälfte des Gesamtumsatzes aus, und das, obwohl der Verlag im Grunde alle Genres veröffentlicht. Das liegt unter anderem auch daran, dass sich auch ältere Kinderbücher immer noch weiter gut verkaufen.

 

Einen Kinderbuchtrend, von dem mir Maja Kastelic wie auch Andrej Ilc und Alenka Veler erzählen, sind die sogenannten »authors-illustration«-Bücher, in denen Illustrator*innen auch als Autor*innen agieren und die Geschichten selbst schreiben. »Wenn du gleichzeitig schreibst und illustrierst, ist das eine sehr intime Tätigkeit«, erzählt mir Maja Kastelic.

Es sind vor allem die Verlage, die mit dem Wunsch an Illustrator*innen herantreten, dass diese ihre Bücher ohne Autor*innen machen. Andrej Ilc erklärt mir diesen Wunsch folgendermaßen: »Ich glaube, das liegt auch daran, dass Autor*innen hier in dem Land immer eine große Wichtigkeit hatten. Sie haben das Land mit aufgebaut und hatten immer das erste und letzte Wort. Auch eben bei Kinderbüchern. Und Illustrator*innen kamen dadurch immer an zweiter Stelle. Wir finden es aber schön, wenn sich Illustrator*innen überwinden und ihre Bilder nicht von Autor*innen abhängig machen. Sie können auch Geschichten erzählen, aber mit anderen Mitteln.«

Besonders am Verlag Mladinska knjiga und dessen Kinderbuchsektor ist, dass man dort eine Lektorin speziell für Illustrationen hat. Dieser Beruf wurde direkt mit der Gründung des Verlags eingeführt und ist auch einzigartig in Slowenien. Die Lektorin prüft dabei mit den Illustrator*innen die Techniken, gibt Ratschläge und unterstützt vor allem neue Illustrator*innen - Illustrationen werden also auf einer Ebene wie der Text behandelt.

 

Als ich mit Maja Kastelic in der Buchhandlung »Lutkovno gledališče« stehe, zeigt sie mir die Bücher, die sie als Kind geprägt haben. Es sind vor allem Fabeln und Märchen und sie stehen direkt neben den Neuerscheinungen. 

Ein wenig erschrecke ich immer über den Preis einzelner Bücher, sie sind in Slowenien verhältnismäßig teuer, aber es gibt doch auch Hoffnung zu sehen, wie hier in dem Laden Eltern mit ihren Kindern stehen und Bücher aussuchen. Als ich das Maja Kastelic erzähle, lacht sie und sagt: »Das Gute am Kinderhaben ist ja, ich kann weiterhin Kinderbücher kaufen, denn ich liebe Kinderbücher einfach wirklich sehr.« 

 

 


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