von Nefeli Kavouras
In einem Treffen in Barcelona überfliege ich kurz meine Mails und sehe eine Terminbestätigung für Juni in Madrid. Hatte ich etwa versehentlich einen Verlagstermin in Madrid ausgemacht, und dann etwa auch noch in naher Zukunft? Doch das Gefühl, etwas falschgemacht zu haben, kehrte sich in Freude um, als ich feststellte, dass ich das FLIC-Fellowship erhalten hatte!
Das FLIC-Fellowship ist für Verlegerinnen und Verleger, die im Kinder- und Jugendbuchbereich arbeiten. Es dient dazu, sich innerhalb von vier Tagen mit anderen Verlagen aus aller Welt auszutauschen, sich gegenseitig Bücher zu zeigen, und aber auch mehr über die spanische Kinderbuchlandschaft zu erfahren. Genau richtig also, um dem Spanien-Thema für unsere Verlagsrecherche einen würdigen Abschluss zu bieten.
Das FLIC-Fellowship findet im Rahmen der Feria del Libro statt, einer Buchverkaufsmesse, die sich inmitten des »El Retiro« Parks in Madrid befindet. Jährlich (seit 81 Jahren!) laufen also im Sommer etliche Menschen an den Verkaufsständen vorbei und haben die Möglichkeit, rabattierte Bücher (10%) zu kaufen. Viele spanische Verlage haben dort ihren eigenen Stand und verkaufen selbst die Bücher, es sind aber auch einige spanische Buchhandlungen vertreten, die eine Auswahl präsentieren. Ich fand es bemerkenswert, dass die Messe drei Woche lang dauert und eben draußen stattfindet. In Hamburg wäre das garantiert nicht denkbar, auch nicht im Hochsommer.
Und so, beim Flanieren und Bestaunen der einzelnen Stände bekam ich direkt Lust, Bücher zu kaufen. Das ging nicht nur mir so. Etliche Menschen aus allen Altersgruppen verließen die Messe mit Taschen voller Bücher.
Besonders beliebt – gerade bei den Kids – waren Signieraktionen. Einmal jubelten sogar ein paar Teenies, ich fühlte mich fast wie vor einem Popkonzert. Es handelte sich wohl um einen YouTuber, der ein Buch veröffentlicht hat und nun eine Signierstunde gab.
Inmitten der Messe hatten wir Verlegerinnen und Verleger des Fellowships unseren eigenen Pavillon, wo wir Lizenztermine abhalten konnten. Draußen hitzte die Sonne, drinnen war es kühl durch die Klimaanlage, es hätte auch Herbst oder Winter sein können, so geht Business!
Der tägliche Besuch der Messe und die Termine mit anderen Verlagen waren aber nicht die einzigen Programmpunkte. Wir bekamen eine Führung durch unterschiedliche Buchhandlungen, die wir alle gar nicht verlassen wollten, so schön waren die. Besonders hervorzuheben sind da die Buchhandlungen Tipos Infames (Bücher und Wein!), Arrebato Libros (Zines und sehr alte Comics – also Nerdalarm schlechthin, und gute Musik lief da auch!) und Panta Rhei (Graphic Novels, superhübsche Kinderbücher und etliche Drucke, die man sofort kaufen und aufhängen möchte). Wir hatten einen Termin im Kulturministerium, bei dem wir über Übersetzungsförderung und über den Gastlandauftritt Spaniens sprachen. In der Dirección General del Libro y Fomento de la Lectura lernten wir mehr über aktuelle Studien zur Leseförderungen für Kinder. Im Standort des APIM (Asociación de Profesionales de la Ilustración de Madrid) konnten wir uns Atelierplätze von Illustratorinnen und Illustratoren anschauen und mit einigen über ihre Arbeit sprechen.
Generell sind wir viel gelaufen, von Termin zu Restaurant zu Park. Am Ende verbrauchte ich vier Blasenpflaster - für eine viertägige Reise also genau eine stimmige Quote.
Das Fellowship endete, wie sollte es auch anders sein, mit einer gigantischen Paella, die wir uns zusammen teilten. Ich lernte, dass in einer Paella normalerweise Zwiebeln nichts zu suchen haben. Und dass so ein Abschiedswein zum Mittagessen auch ausnahmsweise etwas Schönes sein kann.
Nach drei Wochen in Barcelona und vier Tagen in Madrid habe ich schon das Gefühl, einen Einblick in der Kinderbuchwelt Spaniens bekommen zu haben; und ich kann kaum erwarten, all diese bekannten Gesichter zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse wiederzusehen.