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Verlegerin Eva Moll: »Deutsche Literatur ist nicht humorvoll«

 

von Nefeli Kavouras 

 

Während wir einen immer tieferen Einblick in die spanische und katalanische Literatur bekamen, fragten wir uns natürlich: Wie blickt man in Spanien denn auf deutschsprachige Literatur? Wir haben uns deswegen mit Eva Moll getroffen, die Verlegerin des unabhängigen Verlages Vegueta Ediciones. Eva Moll, die selbst auch Deutsch spricht, verlegt unter anderem Stimmen wie Juli Zeh oder Jonas Lüscher. Wir haben sie in ihrem schönen Verlagsbüro besucht, in dem Viertel Eixample, und dachten uns sofort, dass wir hier auch gern arbeiten wollen würden. Helle große Räume und im Erker steht auf einem kleinen Thron die alte Schreibmaschine von Eva Molls Urgroßvater. Genau so will man doch einen Verlag betreiben.

 

Quelle: Vegueta Ediciones
Quelle: Vegueta Ediciones

Liebe Eva, magst Du uns vielleicht erst einmal etwas zur Verlagsgeschichte erzählen? 

Natürlich! Uns gibt es seit acht Jahren. Davor habe ich Auftragsarbeiten, also Bücher, für Firmen oder Museen gemacht. Dann habe ich einen chilenischen Autor kennengelernt, der hier noch nicht verlegt worden ist. Und ich dachte mir: Den will ich gern veröffentlichen! Das war der Startschuss. Dann habe ich das Programm schnell mit Kinderbüchern erweitert, bevor ich zusätzlich auch deutsche Bücher verlegt habe. Das war 2018. Und seit Kurzem probiere ich auch Sachbücher. Aber ehrlich gesagt laufen Kinderbücher hier am besten. Und nebenbei machen wir immer noch Ausstellungskataloge für Museen. 

 

Und warum legst Du in Deinem Verlagsprogramm überhaupt den Fokus auf deutschsprachige Literatur? 

Für die Europäische Union ist Deutschland wichtig, und deswegen ist es für mich spannend zu sehen, wie Autorinnen und Autoren aus Deutschland auf die Welt blicken. Ich verlege vor allem politische Autorinnen und Autoren wie Juli Zeh, Jonas Lüscher oder auch Inga-Maria Mahlke. Es ist aber schwierig, die Autorinnen und Autoren hier zu bewerben, weil Interviews mit den deutschen Autorinnen und Autoren nicht immer möglich sind, was aber gut wäre. 

 

Wir haben vor einigen Tagen mit dem Institut Ramon Llul gesprochen - unter anderem über deutsche Literatur. Die erzählten uns, deutsche Literatur wäre sehr auf Sprache konzentriert und nicht mehr auf Handlung, weswegen deutsche Literatur vielleicht hier nicht Anklang findet. Wie siehst Du das? 
Ich sehe das nicht so. Gerade die politischen Autorinnen und Autoren sind handlungsorientiert. Den größeren Unterschied sehe ich eher zwischen spanischer und deutscher Literatur, dass deutsche Literatur nicht sehr humorvoll ist. Man geht zwar sehr in die Tiefe bei den Themen, bleibt jedoch ernst. Das macht es für die Leserinnen und Leser hier weniger zugänglich.  

 

Du sprichst ja auch Deutsch, übersetzt Du dann auch die Texte selbst? 

Nein, nein. Das machen professionelle Übersetzerinnen und Übersetzer. Aber ich kann die Texte selbst lesen und einschätzen, ob sie zu unserem Verlag passen.

 

 

Wie kommst Du überhaupt auf die deutschsprachigen Titeln? 
Ich schaue mir oft an, welche Bücher welche Preise gewonnen haben und lese dann rein. Generell ist es mir wichtig, Bücher zu verlegen, die gegenwärtige Themen behandeln. Zumal Deutschland da teilweise schneller ist als Spanien. Zum Beispiel das ganze »Zurück-in-die-Natur«-Thema, das kommt jetzt erst langsam in Spanien an, während Deutschland literarisch damit schon seit etlichen Jahren durch ist. Das finde ich inspirierend. Viele Themen, die also hier jetzt wichtig sind, wurden in Deutschland schon behandelt. Man schaut ja normalerweise nach Frankreich oder England, manchmal auch Italien. Aber ich finde, der Blick nach Deutschland ist auch wichtig. Auch in der Philosophie, in der Wissenschaft, in der Klassischen Musik.  

 

Aber die Deutschen schauen auch nicht über den Tellerrand, weswegen wir ja auch hier sind. Was würdest Du denn sagen, was die Deutschen an Themen verpassen, welche aber hier in Spanien literarisch verhandelt werden? 

In Spanien ist die Beziehung zu Lateinamerika sehr wichtig. Es gibt so eine Weltverbindung zu Lateinamerika, allein durch die Sprache. Wir nehmen hier also die Literatur vom anderen Kontinent ernst und wahr. Da verpasst Deutschland, glaub ich, etwas. Themenbezogen würde ich sagen, dass sich Deutschland und Spanien nicht groß unterscheiden. Der Unterschied liegt wenn dann eher darin, wie die Themen verarbeitet werden. In Spanien gibt es in der Literatur einfach viel mehr Humor und Lockerheit. Einfach eine Gewitztheit, bei der man beim Lesen lächelt. Das fehlt mir manchmal in der deutschsprachigen Literatur

 

Und druckt Ihr auf Spanisch und Katalanisch? 

Jugend- und Kinderbücher machen wir immer auf Spanisch und auf Katalanisch. Bei den Romanen entscheiden wir das individuell. Die Romanübersetzung ins Katalanische wäre sonst zu teuer und die Katalanen können ja auch auf Spanisch lesen. Das lohnt sich nur, wenn wir sicherstellen können, dass die Bücher gut laufen. 

 

Kannst Du uns einen aktuellen Titel aus deinem Programm empfehlen? 
Ja, vor Kurzem erschien bei uns »Barcelona Fantasma«, die erste Auflage war auch innerhalb der ersten zwei Monate verkauft. Es spielt in Barcelona in den 70er-Jahren, es geht um die Bars und um die Cafés und das Lebensgefühl in der Nacht. Es beleuchtet das Nachtleben der Intellektuellen, die Kultur des Undergrounds, aber mit einem guten Humor. 


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