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ÂLBUM – Zum Lesen anstiften!

Kreative Leseförderung von 25 spanischen Kinderbuchverlagen

Von Peter Reichenbach

Bei unseren Recherchereisen in die Länder der Buchmessegastländer gibt es immer wieder Treffen, die in besonderer Erinnerung bleiben, weil man Menschen begegnet, die mit einem ebenso ansteckenden wie inspirierenden Enthusiasmus von ihrer Arbeit erzählen. Das Treffen mit der ÂLBUM-Hauptverantwortlichen Clara Jubete und Thule-Verleger José Díaz ist eine solche Begegnung. Nefeli und ich sprechen sie im eher ruhigen Viertel Sant Martí. Sie erzählen davon, wie 25 unabhängige Kinderbuchverlage die Vereinigung ÂLBUM ins Leben gerufen haben, um sich gegenseitig bei Veranstaltungen und Buchmessen zu unterstützen und eine gemeinsame, unabhängige Lesekompetenzförderung auf die Beine zu stellen. Wie es dazu gekommen ist und welche kreativen Ansätze sie verfolgen, davon berichten sie im Interview.

Wie seid ihr dazu gekommen, ÂLBUM zu gründen?
In 2017 haben sich erst fünf, dann zwölf befreundete Kinderbuchverlage aus Barcelona zusammengetan, um gemeinsam ein Kinderbuchfestival hier in Barcelona zu organisieren. Das Festival war ein so großer Erfolg, dass sie sich entschlossen, das Ganze größer aufzuziehen, weshalb ÂLBUM inzwischen auf 25 Verlage* aus ganz Spanien angewachsen ist. An ÂLBUM sind Verlage mit unterschiedlichen Konzepten beteiligt, größere und kleinere, und wenn man sich die Kataloge anschaut, sieht man schnell: Alle sind ganz verschieden. Aber gerade weil sie so unterschiedlich sind, findet man ein Buch für jede und jeden. Und das macht die Gruppe so besonders.

 

Bislang haben wir noch keine Organisationen kennengelernt, die Verlage aus ganz Spanien vertreten.
Gestartet sind wir nur mit katalanischen Verlagen, das entscheidende Kriterium war aber immer, dass es unabhängige Verlage sind, die Kinderbücher produzieren – und nicht, dass sie katalanisch sind. Möchte ein neuer Verlag Teil von ÂLBUM werden, dann müssen alle anderen Verlage zustimmen.

 

 

Was genau macht ihr noch gemeinsam, jenseits der Organisation des Festivals?

Wir organisieren nicht nur das Festival – immer im November, inzwischen sogar in unterschiedlichen Städten Spaniens –, sondern bestreiten auch die großen Buchmessen mit einem Gemeinschaftsstand und veröffentlichen einen Foreign-Rights-Katalog zusammen.  Ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit ist inzwischen aber auch die Leseförderung. Hierfür drucken wir jährlich einen Katalog, der sich vor allem an Lehrer*innen und Schulbibliotheken richtet. In den Katalogen versammeln wir Bücher aus unseren Verlagen zu Themen, die wir für unterrichtsrelevant halten, stellen sie kurz vor und liefern zudem Ideen, wie man sie und ihre Inhalte kreativ im Unterricht einsetzen kann. Sie sollen als Anregung dienen und werden jährlich auch an Buchhandlungen verschickt.   

 Was wünscht ihr euch, wenn die Lehrer*innen, Buchhändler*innen und Bibliothekar*innen den Katalog erhalten?

Hier in Spanien entscheiden die einzelnen Schulen, welche Bücher sie für ihre Bibliotheken erwerben – sie werden also nicht zentral von der Schulbehörde gekauft. Das ist entscheidend, denn es mag Familien geben, bei denen die Eltern für ihre Kinder Bücher in Buchhandlungen kaufen, aber in der Schulbibliothek, im Klassenzimmer gibt es Bücher für alle. Und mit unserem Katalog geben wir den Lehrer*innen, die keine Zeit haben sich über Bücher zu informieren, etwas an die Hand. Die Kataloge versammeln Bücher zu bestimmten Themen, zum Beispiel zum Thema Klimawandel.

Außerdem laden wir zu Seminaren ein, u.a. in Madrid und Barcelona, die von Lehrer*innen und Bibliothekar*innen besucht werden. Jedes Jahr setzen wir einen anderen Schwerpunkt. Ich erinnere mich an eine Veranstaltung, bei der eine Lehrerin von ihren positiven Unterrichtserfahrungen mit der Lektüre von Kinder- und Bilderbüchern bei Schülerinnen von 3 bis 12 Jahren berichtet hat. Sie hatte Tonaufnahmen mitgebracht, in denen ihre Schüler*innen über Kinderbücher sprachen und ganz ehrlich: Sie wussten mehr über die Bücher als wir!

In den Seminaren möchten wir vermitteln, dass man auf der Grundlage von Büchern alle möglichen Themen behandeln kann. Dass gerade Bilderbücher sich dafür anbieten, sie aufgrund ihrer Kürze auch tatsächlich in der Klasse laut vorzulesen und dass man über die Illustrationen Kinder dazu bringen kann, sich einzubringen und für den Unterricht zu interessieren. Auf diese Weise haben auch wir unabhängigen Verlage die Möglichkeit, in den Schulen gehört zu werden.

 

Wie finanziert ihr euch?
ÂLBUM ist eine Non-Profit-Organisation, wir erhalten für die Kataloge Förderung von staatlicher Seite, aber auch von privaten Unternehmen.  Das Ganze ist natürlich sehr viel Arbeit, Clara arbeitet hier seit drei Jahren in Vollzeit. Außerdem werden eine ganze Reihe von Aufgaben ehrenamtlich von den Verlagen erledigt. Wir bilden Arbeitsgruppen, um die Kataloge zu produzieren oder die Festivals zu organisieren. Das bedeutet natürlich, dass man die eigene Arbeitszeit auch investiert, um die Bücher anderer Verlage zu promoten.

 

Muss es ein Anliegen von Organisationen wie ÂLBUM sein, auch Lobbyarbeit zu betreiben?
Ja, das ist richtig, das versuchen wir auch, es ist aber schwer. Politiker sprechen hier eigentlich nur mit noch größeren Verbänden. Trotzdem sind wir gerade dabei, uns dafür einzusetzen, dass die Schulbibliotheken ernster genommen werden, da sie keine finanzielle Unterstützung erhalten. Für die Bibliotheken sind meistens Lehrer verantwortlich, die nicht genügen Zeit haben, sich richtig zu kümmern; darum fordern wir, dass die Schulbibliotheken Bibliothekare einstellen.

 

Wir finden es schon überraschend, dass sich Verlage so sehr um Bibliotheken kümmern.
Nun, wir denken, dass Bibliotheken Leser*innen hervorbringen können und man deshalb an dieser Stelle ansetzen muss. In Spanien gibt es nicht so viele Leser*innen wie in anderen Teilen Europas, auch wenn sich das gerade superschnell ändert, vor allem bei jüngeren Leser*innen, und wir denken, dass das auch zum Teil unserer Arbeit zu verdanken ist. Wenn die Eltern nicht lesen, dann kann man Kinder nur über die Schule und Bibliotheken zum Lesen anstiften. Eigentlich sollte das alles Aufgabe staatlicher Institutionen sein, doch weil sie es nicht tun, wurde ÂLBUM gegründet.

 

Was wünscht ihr euch für ÂLBUM in der Zukunft?
Wir könnten uns vorstellen, dass wir noch internationaler werden, wir würden gerne vergleichbare Organisationen in anderen europäischen Ländern finden. Und aktuell kennt man ÂLBUM in Barcelona, Madrid und Sevilla, aber gerade in ländlichen Regionen weiß man wenig von uns, das möchten wir ändern.

 

Ist die Buchmesse in Frankfurt mit dem Gastlandauftritt ein wichtiges Ereignis?
Ja, alle Verlage werden da sein, wir werden mit einem großen Stand vertreten sein und wir hoffen, dass dadurch, dass Spanien das Gastland ist, über die spanische Literatur und auch über unsere Kinderbücher gesprochen werden wird.

 



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