Indie-Musik: Streaming ist keine Lösung

Na klar: Künstler haben schon immer prekär gelebt, gerade im Indie-Bereich. Nur wenige Ausnahmen wurden in den vergangenen Jahrzehnten mit Musik reich. Und die "illegalen" Downloads schienen das Geldverdienen im Musikbereich vollends unmöglich zu machen.

 

Dann jedoch kamen die ersten legalen Plattformen auf, und inzwischen gibt es mit Simfy, Spotify, Napster oder Musicload eine ganze Reihe vielgenutzter Streamingplattformen. Und alle verkünden: Wir entlohnen die Künstler und Labels fair.


Doch in der letzten Zeit tauchen öfter Berichte auf, dass aktuell angesagte Bands finanziell am Ende sind, obwohl alles blendend zu laufen scheint: Schon etwas länger her ist dieser Artikel, in dem Berlins Indie-Hipster Bodi Bill ihre Finanzen offen legen - und man dann doch schluckt, wie wenig Geld da so raus kommt. Vor kurzem hat dann die Süddeutsche Zeitung über Grizzly Bear berichtet und auch die Problematik der geringen Streaming-Verdienste angesprochen.

Und jetzt hört man auch noch von Chan Marshall aka Cat Power, dass Sie pleite ist und sich weder Europa-Tour noch gesundheitliche Behandlung leisten kann.

 

Nun soll es hier nicht grundsätzlich darum gehen, das Indie-Musikertum als finanziell unmöglich darzustellen. Aber wir möchten doch zumindest einmal darauf hinweisen, dass die oben genannten Streaming-Dienste a la Spotify (das auch viele unserer Freunde und Bekannten intensiv nutzen) auf keinen Fall eine faire Lösung für die Entlohnung von Musikern sein können. Und nur, weil es diese Dienste jetzt sozusagen legal ermöglichen, sich alle Musik der Welt kostenlos anzuhören, heißt das nicht, dass man das auch mit gutem Gewissen tun kann. Denn dass die ca. 5,- bis 10,- Euro, die die meisten Plattformen monatlich kosten, deutlich weniger sind als das, was man früher in Musikkäufe investiert hat, ist ja wohl jedem selbst klar.

 

Auch, wenn wir selbst natürlich vorwiegend ein Buchverlag sind und ins Musik-Veröffentlichen nur mal hin und wieder die Nase stecken, können wir uns doch ein ziemlich genaues Bild von der Situation einiger Musik machen. "Richtige" Labels machen da sicher ganz ähnliche Erfahrungen.

 

Dazu einfach mal konkrete Zahlen, die wir frisch aus unserer letzten Jahresabrechnung ziehen konnten:

Unsere Musikveröffentlichungen wurden 2011 insgesamt ca. 8000 Mal gestreamt. Und das quer über alle Plattformen. also inkl. Napster, Spotify, Simfy usw. Der Erlös dafür liegt gerade mal bei 41,84 Euro. Das sind pro Song 0,005 Euro. Und zwar ist das der Label-Erlös. Der Künstler kriegt davon in der Regel nur einen Bruchteil.

 

Jetzt muss man das mal mit den Erlösen aus CD-Verkäufen in Relation setzen: Auch hier kriegt der Künstler nur einen Bruchteil vom Ladenpreis, aber pro verkaufter CD landen durchschnittlich immerhin ca. 2,50 Euro beim Musiker/bzw. der Band (Man sieht: Solokünstler verdienen leichter Geld). Das ist schon superwenig, wenn man sich überlegt, dass die meisten Indie-Bands weit unter 10.000 Einheiten verkaufen. Und nur alle zwei bis drei Jahre ein neues Album aufnehmen. Wenn eine Band nun aus vier Mitgliedern besteht, alle zwei Jahre ein Album aufnimmt und je 10.000 Einheiten verkauft, dann verdienen die Mitglieder pro Jahr nur ca. 3125 Euro aus CD-Verkäufen! Das verdienen normale Menschen im Monat.

(Zum Nachrechnen:

10.0000 Einheiten x 2,50 Euro = 25.000,- Euro

Durch 4 Bandmitglieder = 6250,- Euro

Durch 2 Jahre = 3125,- Euro)

Um das nun mit den Streaming-Einkünften vergleichen zu können, muss man sich überlegen, wie oft man ein Album im Durchschnitt hört. Klar, Lieblings-Alben hört man im Laufe der Jahre hunderte Male, aber viele Alben hört man ja deutlich weniger. Sagen wir also, ein Album hat 12 Songs und man hört es sich im Schnitt 15 mal an, dann sind das:

12 Songs x 15 = 180.

 

Nimmt man nun für diese 180 "Anhörvorgänge" (also: Streams) den Streaming-Honorarsatz von 0,005 Euro pro Song an, so sind das 0,90 Euro für das Label, pro Album. Wieviel der Künstler nun davon abkriegt, hängt natürlich davon ab, was er mit dem Label vereinbart hat. Aber sagen wir mal: Er kriegt bei einem netten Label 25% der Streaming-Einkünfte, dann sind das hier: 0,225 Euro.

Und genau das ist der Wert, den man mit den 2,50 Euro aus den CD-Einkünften in Relation setzen muss: 0,225 Euro. Das ist weniger als ein Zehntel! Das heißt, die schon nicht sehr lukrativen CD-Verkäufe waren immer noch 10 mal besser als die Streamingplattformen. Oder anders: Wie soll man davon leben?

 

Das soll jetzt keine Anklage sein. Wir wissen auch, dass man über Streamingplattformen leicht neue Musik entdecken kann, die man sonst eben gar nicht gekauft hätte. Aber: So lange die Plattformen nicht deutlich mehr zahlen und man sich als Hörer nur darauf verlässt, dass die Künstler ja bezahlt werden, und dann seine gesamten Musikbedarf über Streamingplattformen deckt - dann wird das alles noch richtig gefährlich für die Musiker.

 

Lieber also: MP3 kaufen. Oder: Gleiche ne schöne LP. Mit kostenlosem Download-Code. Ui!




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