"Eher geb ich meinen Job auf" - Chance Press in Oakland

Von Daniel Beskos

Die Sonne knallt, ich bin wieder zu Besuch in Oakland und bestell bei Fentons einen "kleinen Eisbecher". Es kommt: Ein Eimer. Das sollen zwei Kugeln sein? Ich lege mich ins Zeug.

Anschließend treffe ich Jordan und Justine Hurder, die vor 2 Jahren zusammen den Verlag Chance Press gegründet haben.

"Small press, big plans" lautet der Claim auf der Webseite.

Chance Press veröffentlicht ausschließlich handgemachte Bücher in Kleinstauflagen - zwischen 80 und 150 Exemplare sind es in der Regel. Ziel ist es, in der Herstellung moderne Druckmethoden mit traditionellen Techniken wie Handpresse und Fadenheftung zu kombinieren. Veröffentlicht wird dabei, was den beiden gefällt - mal sind es Gedichte, mal Essays, mal eher Comicartiges.

Sie haben mir einige der Bücher mitgebracht, teilweise wirklich aufwändige und arbeitsintensive Stücke, bei denen sie alles selbst machen - von Lektorat und Satz über Gestaltung, Papierwahl bis Druck und Bindung:

Meist gibt es von jedem dann Vorzugsausaben, als Hardcover z.B., oder in einem Schuber, fast immer signiert.

"In den USA ist Handgemachtes gerade wieder sehr im Kommen", erklärt mir Justine, "Schmuck, Einladungskarten, Schokolade, alles mögliche. Die Leute haben oft keine Lust mehr auf Massenware. Und wenn man etwas Handgemachtes kauft, kauft man ja nicht nur das Buch, sondern auch die Geschichte dahinter. Da hat jetzt wirklich jemand dran gesessen, das ne Stunde lang bearbeitet und geschwitzt. Daher ist uns auch der herstellerische Aspekt so wichtig, der macht für uns 50 Prozent des Buches aus."

 

Ich frage die beiden nach Ihrer Ansicht, wie es mit dem Buchmarkt wohl weitergeht. "Taschenbücher sind wie McDonalds Burger - ich hätte kein Problem damit, wenn es die eines Tages nicht mehr geben würde", sagt Jordan. Wir lachen.

Too Powerful a Thing to Reject: Charles Bukowski’s Transition Years, 1945-1957 by Abel Debritto. Hardcover-Deluxe Edition. (c) www.chancepress.com
Too Powerful a Thing to Reject: Charles Bukowski’s Transition Years, 1945-1957 by Abel Debritto. Hardcover-Deluxe Edition. (c) www.chancepress.com

Justine erzählt, dass die Texte, die sie veröffentlichen, "irgendwie so" reinkommen, Manuskripteinsendungen nehmen sie jedenfalls keine an. Viel kam anfangs z.B. über eine Bukowski-Webseite, auf der die beiden aktiv sind, das waren dann etwa Texte von alten Bukowski-Freunden oder auch Essays über den Schriftsteller. Die verwendeten Illustrationen kommen, wenn sie sie nicht selbst machen, von befreundeten Comic-Zeichnern.

 

Und wie seht ihr die Digitalisierung des Buchmarktes?

"Naja", sagt Justine, "zwei Drittel unserer Kunden haben wir über unsere Webseite - von daher ist das Internet eigentlich eine sehr gute Chance für kleine Verlage wie uns".

"Wobei", meint Jordan, "wir da wirklich mal mehr tun müssten, einen richtigen Shop aufsetzen zum Beispiel - wir sind bisher auch im Internet fast ausschließlich in einem kleinen Netzwerk von Leuten bekannt, die sich gegenseitig über verschiedene Projekte kennen. Da gibts noch jede Menge zu professionalisieren, aber ehrlich gesagt interessiert uns das nur zweitrangig. Wir wollen einfach Bücher machen". 

 

Einen anderen Aspekt, der gerade für Chance Press mit ihren handgefertigten Projekten wichtig ist, erwähnt Justine noch: "Man lernt im Internet einfach wahnsinnig viel. Es gibt Video-Workshops zum Büchermachen, zu Papiersorten, zur Verarbeitung usw. Ohne das Internet müssten wir alle diese Dinge langsam und mühsam selbst recherchieren."

 

Ich werfe ein, dass das Ganze mit so kleinen Auflagen, wie Chance Press sie machen,  eigentlich doch immer selbstausbeuterisch bleibt, oder?

"Ja, vielleicht drucken wir irgendwann auch mal richtig, in einer On-Demand-Druckerei zum Beispiel", überlegt Jordan.

"Was, On-Demand?", Justine wird etwas lauter, "das würden wir nie machen! Eher gebe ich irgendwann meinen Job auf, damit ich den ganzen Tag Bücher machen kann."

Ihre Augen blitzen, Jordan lacht. Da hat sie auch wieder Recht.


 


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